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Die Entstehung von ETFs

Ruben Wunderlich
Ruben Wunderlich trader
Updated 29 Mai 2020

Die ersten ETFs (Exchange Traded Funds) wurden in Europa, unter anderem auch in Deutschland, im Jahr 1990 emittiert. Allerdings reichen die Anfänge von ETFs noch etwas weiter zurück. Im Folgenden erfahren Sie, wie ETFs entstanden sind und warum die Indexfonds erst später für die breite Masse interessant wurden.


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Die Idee hinter den Exchange Traded Funds

In Verbindung mit ETFs stehen bekannte Namen wie William Sharpe, Harry Markowitz und der französische Mathematiker Louis Bachalier. Letzterer formulierte schon im Jahr 1990 an der Universität Sorbonne in Paris die theoretischen Grundlagen für ETFs. Er untersuchte in einer eigenen Studie die Bewegungen von Aktien. Wie sich im Rahmen seiner Untersuchungen zeigte, liegen die Chancen, den Markt zu schlagen, bei ungefähr 50 Prozent. Gleichzeitig erkannte Bachalier, dass die Börsenkurse stetigen Auf- und Abwärtsbewegungen unterliegen.

Zum damaligen Zeitpunkt wurden seine Ergebnisse belächelt. Jedoch brachten sie Harry Markowitz in den 50er-Jahren dazu, seine Portfolio-Theorie zu entwickeln. Seiner Ansicht nach sollte beim Anleger nicht die Maximierung der Rendite vordergründig sein, sondern die Reduzierung des Verlustrisikos – und zwar durch eine gute Diversifizierung (Anlagestreuung). William Sharpe belegte den Vorteil dieser Anlagestreuung. Dies war die Geburtsstunde breit gestreuter, passiver Investments.

Entstehung von ETFs

Die Anfänge der ETFs

Die Nachfrage war groß. Allerdings war der erste Fonds nicht börsennotiert und deshalb genau genommen noch kein Exchange Traded Fund. Denn der liquide und flexible Handel über eine Börse zählt zu den wichtigsten Merkmalen von ETFs. Als „Torheit“ bezeichnete man den Vanguard 500 zur damaligen Zeit in der Fachpresse. Anleger würden auf Mittelmäßigkeit setzen, wenn sie in Indexfonds anlegen, hieß es.

Dass es sich dabei um eine Fehleinschätzung handelte, stellte sich spätestens im Jahr 2000 heraus, in dem der Indexfonds Vanguard S&P 500 zum weltweit größten Publikumsfonds der Welt gekürt wurde. Der Vanguard 500 Index Fund Admiral Shares (VFIAX) weist im Jahr 2020 ein Fondsvolumen von etwa 500 Milliarden US-Dollar auf.

Das Jahr 1990: Der erste „echte“ ETF

Genau genommen feiern ETFs nicht ihr 20-jähriges, sondern ihr 30-jähriges Jubiläum, zumindest im amerikanischen Wirtschaftsraum.

Der erste „echte“ ETF, der Toronto 35 Index Participation Fund (TIPs), wurde am 9. März 1990 an der Börse von Toronto in Kanada notiert. Auch heute gibt es diesen ETF noch in Form des iShares S&P/TSX 60 Index ETF (XUI). Er befindet sich im Besitz von BlackRock und weist ein Vermögen von ungefähr 8,8 Milliarden US-Dollar auf.

In den USA fand der erste erfolgreiche ETF Start rund drei Jahre später statt. Im Jahr 1993 legte State Street Global Adivsors den SPDR S&P 500 ETF Trust (SPY) auf. Bis heute zählt dieser international zu den größten ETFs und weist ein Fondsvermögen von mehr als 200 Milliarden US-Dollar auf (Stand: 2020).

Das Jahr 2000: Der erste ETF in Deutschland

Erst sieben Jahre später, am 11. April 2000, startete der Handel mit ETFs in Deutschland und weiteren europäischen Ländern wie Schweden, Großbritannien und der Schweiz. Bei den ersten beiden europäischen ETFs handelte es sich um Aktien ETFs. Die Fonds bildeten den EuroStoxx 50 und den Stoxx Europe 50 ab und konnten zunächst nur an der Börse Xetra gehandelt werden. Merrill Lynch International hieß der damalige Emittent beider ETFs. Heute gehören sie zu der BlackRock-Marke iShares (iShares Euro Stoxx 50 UCITS ETF und iShares Stoxx Europe 50 UCITS ETF) und weisen jeweils ein beachtliches Fondsvolumen auf.

Im Jahr 2001 folgte der erste DAX-ETF, der in Deutschland gehandelt werden konnte. Emittent war die ehemalige Hypovereinsbank-Tochter Indexchange. Auch dieser ETF zählt heute zur iShares-Familie und heißt iShares Core DAX UCITS ETF. Im Jahr 2004 kamen weitere ETFs, die sowohl in Schwellenländer als auch in andere, einzelne Länder und Regionen investieren, wie zum Beispiel Irland, Südafrika oder Osteuropa.

 erste ETF in Deutschland

Das Jahr 2001: Der erste Welt-ETF

Im Jahr 2001 wurde der iShares Dow Jones Global Titans 50 UCITS ETF aufgelegt – eine Art erster Welt-ETF. Erst vier Jahre danach folgte der bekannte iShares MSCI World UCITS ETF, der 2005 der breiten Masse zugänglich gemacht wurde. Mittlerweile gibt es viele sogenannte Welt-ETFs, sodass es gar nicht so einfach ist, die Unterschiede zu erklären.

Wer sich mit Welt-ETFs befasst, trifft jedoch unweigerlich auf den MSCI World Index. Allerdings ist der Begriff „Welt-ETF“ etwas irreführend. Denn ein solcher ETF deckt nicht unbedingt die ganze Welt ab, auch wenn sprachlich betrachtet die Verwandtschaft nahe liegt. Die Unterschiede lassen sich jedoch leicht erkennen: Der MSCI World Index bildet nicht die komplette Welt, sondern insgesamt 23 Industriestaaten ab, und dies von Mid Caps und Large Caps. Sogenannte Small Caps sind im MSCI World Index nicht zu finden. Gleiches gilt für Schwellenländer. Somit ist der Index in dem Sinne eigentlich kein Welt-Index. Ein solcher Index sollte den Weltmarkt in seiner Zusammensetzung vollständig abbilden, also Industrie- und (mindestens) Schwellenländer sowie Large Caps, Mid Caps und Small Caps.

ETF auf den MSCI World Index

Ein ETF auf den MSCI World Index bietet sich vor allem für Einsteiger, aber auch für erfahrene Anleger an, da der Weltindex die Wertentwicklung von Wertpapieren aller großen Industrieländer abbildet. Ein Welt-ETF hat das Ziel, durch eine breite Streuung das Risiko zu reduzieren und am langfristigen Wirtschaftswachstum zu partizipieren. Es ist also nicht das Ziel, den Weltmarkt zu „schlagen“, sondern mit günstigen und einfachen Anlageprodukten (den ETFs) an seiner Entwicklung teilzuhaben.

Die Entstehung von ETFs – 20 Jahre im Überblick

In den letzten 20 Jahren hat sich auf dem ETF-Markt ein deutlicher Wandel vollzogen. ETFs haben eine lange Reise hinter sich, getrieben von einem großen Innovationsschub und einem beachtlichen Wachstum. Die bedeutendsten Ereignisse bei der Entwicklung von ETFs haben wir nachfolgend zusammengefasst, beginnend mit den aktuellsten:

Jahr Bedeutende Ereignisse
2020 Im Jahr 2020 steigt die Zahl der handelbaren ETFs auf zirka 1.600.
2019 Immer mehr ETFs, die diverse Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen (z. B. SRI, ESG) setzen sich durch.
2015 2015 stößt WisdomTree, ein auf Emission und Platzierung von ETPs (Exchange Traded Products) spezialisierter Vermögensverwalter, mit seinen ersten ETFs auf den Markt vor.
2014 Der erste ETF auf chinesische A-Aktien kann gehandelt werden. Heute gibt es mehrere Produkte.
2012 Im Jahr 2012 sind an der Börse Xetra erstmals 1.000 ETFs handelbar.
2011 Sogenannte Smart-Beta-ETFs werden bei Anlegern zunehmend beliebter. Mit diesen ETFs ist es möglich, unterschiedliche Anlagestrategien zu verfolgen.
2008 ETF Securities, ComStage und Deka bringen ihre ersten ETFs auf den Markt. Die Konkurrenz wächst.
2007 2007 kommen die ersten Short-ETFs auf den Markt. Mit diesen können Anleger nunmehr gegen den langfristigen Markttrend spekulieren.
2006 Die Deutsche Bank bringt mit db x-trackers (heute: Xtrackers) einen ETF auf den MSCI World Index auf den Markt.
2005 Das Anlagespektrum erweitert sich für Anleger mit Rohstoff-ETCs und Dividenden-ETFs.
2003 Erstmals werden Anleihe-ETFs ausgegeben. Anleger können damit breit gestreut in deutsche Bundesanleihen oder europäische Firmenanleihen investieren.
2001 Der erste Welt-ETF und der erste DAX-ETF kommen an den Markt. Heute zählen der iShares Dow Jones Global Titans 50 UCITS ETF und der iShares Core DAX UCITS ETF zu BlackRock.
2000 Ab dem 11. April 2000 sind an der Börse Xetra zwei Aktien-ETFs auf den Stoxx Europe 50 und den Euro Stoxx 50 handelbar.

Das Jahr 2020: Der ETF-Markt wächst

Für private Anleger wächst der ETF-Markt von Jahr zu Jahr. Im Februar 2020 lag das investierte Volumen bei 36 Milliarden Euro. 2018 betrug es 21,8 Milliarden Euro, 2016 waren es rund 14 Milliarden Euro und im Jahr 2014 lag es nur bei 7,8 Milliarden Euro. Daran ist deutlich zu erkennen, wie sehr der Markt in den letzten Jahren gewachsen ist. Dass ETFs bei Privatanlegern immer beliebter werden, macht sich indes auch durch die höhere Anzahl angebotener ETF-Sparpläne bemerkbar.

Warum sind ETFs so erfolgreich?

Die zunehmende Beliebtheit von ETFs spricht für sich: Die Indexfonds bieten Anlegern die Möglichkeit, mit einem einzigen Produkt in unterschiedliche Anlageklassen, Branchen oder Regionen gleichzeitig zu investieren. Der Erfolg ist nicht nur auf die geringen Kosten zurückzuführen, die deutlich niedriger sind als bei aktiv verwalteten Fonds. Es gibt auch viele weitere Gründe, die Exchange Traded Funds bei Privatanlegern interessant machen. Die wichtigsten Vorzüge, die im Laufe der Jahre wesentlich zum Erfolg der ETFs beigetragen haben, sind:

  1. ETFs sind einfach strukturiert und weniger riskant: Aufgrund ihrer Zusammensetzung sind ETFs automatisch breit gestreut. Der Anleger investiert je nach Produkt in hunderte oder tausende von Wertpapieren und somit in ganze Märkte.
  2. ETFs sind transparent: Bei ETFs weiß der Anbieter jederzeit, womit er investiert. Die genaue Zusammensetzung eines Exchange Traded Funds wird an der Börse täglich bekannt gegeben.
  3. ETFs sind vielseitig: Inzwischen lassen sich viele Bereiche mit ETFs abdecken, seien es Aktien auf Immobilien, Rohstoffe, Unternehmens- und Staatsanleihen, Regionen, Länder oder Strategien.
  4. ETFs sind flexibel und liquide: Jeder ETF ist an der Börse handelbar und lässt sich mit anderen ETFs leicht vergleichen.
  5. ETFs sind sicher: ETFs zählen zum Sondervermögen. Sollte es zu einer Insolvenz des ETF Anbieters kommen, so ist das Geld des Anlegers per Gesetz vor dem Zugriff möglicher Gläubiger geschützt.

Geschichte ETFs

Fazit: ETFs haben eine lange Geschichte

ETFs haben eine lange Reise hinter sich. Der erste ETF wurde im Jahr 1990 in Kanada aufgelegt. Schon bald löste der flexible ETF-Handel kombiniert mit den Vorzügen der kollektiven Geldanlage am Markt einen tiefgreifenden Wandel aus. Anfangs nutzten insbesondere institutionelle Anleger ETFs, um komplexe Handelsstrategien umzusetzen. Es dauerte jedoch nicht lange, bis auch Finanzberater und Privatanleger auf die Exchange Traded Funds aufmerksam wurden. Seither haben diese sich zu einem beliebten Anlageinstrument entwickelt.

 

Ruben Wunderlich
Ruben Wunderlich ist Finanzjournalist und zertifizierter Technischer Analyst mit mehr als 15 Jahren Erfahrung auf den Kapitalmärkten. Auf AskTraders ist er als leitender Redakteur für die deutschsprachige Redaktion verantwortlich.