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Bollinger Bänder als technischer Indikator für den Handel 

Christian Habeck trader
Updated 29 Sep 2022

Ein Instrument für Kursanalysen, das von privaten und professionellen Investoren genutzt wird, sind Bollinger Bänder. Sie wurden in den 1980er Jahren vom US-amerikanischen Börsenhändler John Bollinger entwickelt und dienen der Chartanalyse, die auch als technische Analyse bezeichnet wird. Bei der Chartanalyse geht es lediglich darum, einen Trend aus dem Chart abzuleiten, ohne auf wirtschaftliche oder politisiche Einflussfaktoren für eine Entwicklung zu achten. Die Chartanalyse kann bei der Investition in Aktien, aber auch beim Handel mit Währungen oder Rohstoffen herangezogen werden. Anhand von Umsatz- und Kurshistorie eines Basiswertes wird versucht, den günstigsten Zeitpunkt für Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers zu ermitteln.


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Was sind Bollinger Bänder und wie funktionieren sie?

Bollinger Bänder dienen der Chartanalyse, die auch als technische Analyse bezeichnet wird. Sie wurden in den 1980er Jahren von John Bollinger, einem Börsenhändler an der Wall Street, entwickelt. Anhand von Umsatz- und Kurshistorie eines Basiswertes versuchen Trader, den richtigen Zeitpunkt für den Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers zu ermitteln. Vorhersagen für die künftige Kursentwicklung werden auf der Basis der Kursentwicklung in der Vergangenheit getroffen. Eine genaue Vorhersage ist nicht möglich, da es aufgrund unvorhergesehener Ereignisse zu Kursveränderungen kommen kann. Die Bollinger Bänder sollen Aussagen für die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Kursentwicklung erlauben.

Basis der Bollinger Bänder ist der gleitende Durchschnitt, der fast immer auf der Grundlage der letzten 20 Tage berechnet wird. Im Chart wird dieser gleitende Durchschnitt zumeist als schwarze Linie dargestellt. Das obere und das untere Band werden mittels der Standardabweichung berechnet. Die Standardabweichung muss mit einem festgelegten Faktor multipliziert werden, der häufig bei 2 liegt.

Für das obere Band wird der ermittelte Wert zum gleitenden Durchschnitt addiert, während der ermittelte Wert für das untere Band vom gleitenden Durchschnitt subtrahiert wird. Diese Berechnungen müssen Trader nicht selbst ausführen, da sie von den Handelsplattformen auf elektronischem Wege erfolgt. Die Charts werden Ihnen auf der jeweiligen Handelsplattform zur Verfügung gestellt.

Der gleitende Durchschnitt bewegt sich kontinuierlich. Er orientiert sich an den Bewegungen des zugrundeliegenden Basiswertes. In volatilen Zeiten weisen die Bänder einen größeren Abstand auf, während der Abstand der Bänder zueinander in ruhigen Marktphasen nur gering ist.

Bollinger Bänder als Volatilitätskanal

Das Phänomen der Normalverteilung nach Gauß, auch als goldene Mitte bezeichnet, war die Grundlage für die Überlegungen von Bollinger. Nach diesem Phänomen kommt es bei Messungen immer zu einer Konzentration der Werte um den Mittelwert. Laut Bollinger dürften sich auch Schwankungen der Börsenkurse immer nur in einem begrenzten Kanal bewegen. Die Ober- und Untergrenze eines Börsenkurses müsste gemäß Bollinger mit Hilfe einer vorbestimmten Abweichung vom Durchschnittskurs definierbar sein.

Bollinger Bänder

Bollinger ging von einer hohen Wahrscheinlichkeit aus, dass sich der Kurs eines Börsenwertes immer sehr nahe an den Werten der vergangenen Tage bewegt.

Anhand der Bollinger Bänder kann die Volatilität eines Wertpapiers gemessen werden. Trader erhalten Informationen über

  • Fortsetzung oder Umkehr eines Trends
  • Perioden von Marktkonsolidierungen
  • Perioden größerer Volatilitätsschwankungen in der nahen Zukunft
  • möglichen Ausbruch von Höchst- oder Tiefststand am Markt
  • mögliche Zielpreise.

Bollinger Bänder können Sie nicht nur beim Handel mit Aktien heranziehen. Auch beim CFD-Handel, den Sie mit Aktien, Rohstoffen oder Indizes betreiben können, sind die Bollinger Bänder hilfreich für die technische Analyse. Sie können sie auch für den Handel mit digitalen Devisen nutzen. Zur Zeit, als John Bollinger seine Bänder entwickelte, waren andere Werte noch weitgehend unbekannt. Er entwickelte die Bänder daher für den Handel mit Aktien. Die Bänder können auch für den Forex-Handel mit Devisen herangezogen werden.

Bollinger Bänder richtig interpretieren

Bei der technischen Analyse kommt es darauf an, die Bollinger Bänder richtig zu interpretieren, um eine Position zum richtigen Zeitpunkt zu eröffnen oder zu schließen.

Verengungen der Bänder, die aufgrund einer geringen Volatilität entstehen, werden von Tradern zumeist als Signal für eine bevorstehende Kursveränderung angesehen. Sie sind ein Anhaltspunkt für den Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers.

Durchbricht ein Wertpapier den Verlauf des oberen oder unteren Bandes, ist das ein Signal für einen Richtungswechsel beim Kurs. Ein Signal für die Fortsetzung einer Bewegung ist ein Ausbruch des Wertpapierkurses aus dem nach Bollinger berechneten Kanal.

Ein Wertpapier erreicht eine Longposition, wenn der Wertpapierkurs den Rand des oberen Bandes überschreitet. Rutscht der Kurs wieder unter das obere, mittlere oder untere Band, schließt sich diese Longposition.
Im umgekehrten Fall, wenn der Kurs des Wertpapiers unter das untere Band sinkt, handelt es sich um eine Shortposition. Sie sollten von einem fallenden Kurs ausgehen.

Bewegt sich ein Kurs nahe am oberen oder unteren Band, wird das häufig als kurzzeitige Kursbewegung in die Richtung des entgegengesetzten Bandes interpretiert.

Bilden sich an einem der beiden Bänder einzelne oder mehrere Plateaus aus, ist das ein Signal für eine Trendwende. Ein größere Kursbewegung kann sich ankündigen, wenn das obere und das untere Band in der Nähe des gleitenden Durchschnitts zusammenlaufen. Die Richtung der Kursbewegung ist jedoch noch nicht bestimmbar.

Die Bollinger Bänder lassen keine exakten Vorhersagen zu. Sie werden jedoch häufig als Analysemethode sowie für Statistiken über die Vergangenheit eines Wertpapiers herangezogen.

Anwendung der Bollinger Bänder in der Praxis

Trader wenden die Bollinger Bänder an, um den Zeitpunkt einer Eröffnung oder Schließung einer Position zu bestimmen. Gemäß einer ungeschriebenen Börsenweisheit besitzt der Markt allerdings zu 80 Prozent zeitlich gesehen keinen eindeutigen Trend. Er bewegt sich daher innerhalb der Bänder.

Die Bollinger Bänder können für den Kauf oder Verkauf einer Position herangezogen werden, wenn der Kurs aus dem Bereich der Bänder ausgebrochen ist. Rutscht der Kurs unter das untere Band, ist das ein Verkaufssignal, um größere Verluste abzuwenden. Ein Kaufsignal ist hingegen, wenn der Kurs das obere Band übersteigt. Sie können mit weiteren Kursanstiegen rechnen.

Die Bollinger Bänder müssen jedoch nicht auf diese Weise verwendet werden. Trader warten daher nicht immer auf den Ausbruch der Kurse aus den Bändern, sondern sie nehmen teilweise auch eine konträre Position ein, wenn der Kurs eines der Bänder berührt.

Der Kurs eines Wertpapiers kann an den Bändern abprallen. Das kommt in der Praxis häufig vor. Für Anleger, die in einen Wert investieren wollen, kann das ein Signal für den Aufbau einer Position sein. Experten gehen davon aus, dass Kurse häufiger an den Bollinger Bändern abprallen als dass ein Ausbruch stattfindet.

Bei einer solchen Strategie kommt es auf das Chance-Risiko-Verhältnis an. Trader handeln mit einer solchen Strategie konträr, indem sie versuchen, Wendepunkte im Chart zu lokalisieren. Wird dann das Band durchbrochen, kann ein Verlust eintreten. Um Verluste zu begrenzen, können die Positionen mit einem Stop-Loss gesichert werden.

Ursachen für häufige Fehlinterpretationen der Bollinger Bänder

Die Bollinger Bänder lassen nicht immer verlässliche Aussagen zu und werden daher häufig fehlinterpretiert. John Bollinger hat zusätzlich zu den Bändern den Oszillator %B und den Oszillator Bandbreite entwickelt. Um verlässliche Aussagen zu erhalten, sollten diese Oszillatoren berücksichtigt werden. Bei Börsensoftware oder auf Handelsplattformen mit Chartfunktionen stehen solche Indikatoren jedoch meistens nicht zur Verfügung. Aufgrund des Fehlens solcher Parameter kommt es zu Fehlinterpretationen der Bollinger Bänder.

Bollinger wies selbst darauf hin, dass einer Berührung des Kurses mit den Bändern nur wenig Bedeutung beigemessen werden sollte. Er betonte, dass für den Kauf oder Verkauf einer Position noch weitere Faktoren hinzugezogen werden sollten. So können Sie zusätzlich zur technischen Analyse auch eine Fundamentalanalyse vornehmen und dabei auf Faktoren wie

  • aktuelle politische Situation
  • wirtschaftliche Situation global und im jeweiligen Land, aus dem das Wertpapier stammt
  • finanzielle Großwetterlage

bevorstehende Entscheidungen einer Notenbank heranziehen. Welche Faktoren relevant sind, hängt vom jeweiligen Wertpapier ab.

Trotz häufiger Fehlinterpretationen aufgrund nicht korrekter statistischer Annahmen werden die Bollinger Bänder noch immer von vielen Börsenhändlern verwendet. Die Entwicklungen anhand der Bänder werden als Handelssignale gewertet.

Kritik an den Bollinger Bändern

Da die Bollinger Bänder allein keine verlässlichen Aussagen über die Kursentwicklung erlauben, sind sie häufig Grund zur Kritik. Ausgewiesene Fachleute und Kenner der Finanzmärkte kritisieren diese Instrumente häufig, da die Voraussagen ihrer Meinung nach nicht tragfähig genug sind.

Aufgrund fehlender Informationen über ein Wertpapier sind keine zuverlässigen Aussagen über die Wahrscheinlichkeit möglich, dass sich der Kurs zukünftig im vorhersehbaren Abstand zum gleitenden Durchschnitt entwickelt.

Kritisiert wird auch die mangelnde Aussagekraft, da die Annahme der Gauß'schen Normalverteilung nicht verifizierbar ist und der gleitende Durchschnitt nicht den Anforderungen an den Erwartungswert entspricht.
Vorhersagen anhand der Bollinger Bänder sind nicht korrekt, da eine Standardabweichung, die als bekannt vorausgesetzt wird, nicht der Realität entspricht.

Die von Bollinger verwendete Standardabweichung ist kein beweisbarer Wert. Sie ist lediglich eine unsichere Einschätzung der real vorhandenen Abweichung.

Aufgrund der Kritiken an den Bollinger Bändern werden von einigen Tradern verschiedenen Alternativen herangezogen. Moving Average Convergence Divergence (MACD) ist eine solche Alternative und ist ein Indikator aus verschiedenen exponentiell gewichteten gleitenden Durchschnitten. In Charts wird dieses Verfahren durch eine schnellere MACD-Linie und eine langsamere Signallinie repräsentiert. Weitere Alternativen sind gleitende Durchschnitte, die über verschiedene Zeiträume gebildet werden, sowie Prozentbänder in Kombination mit dem gleitenden Durchschnitt.

Fazit: Bollinger Bänder allein sind für Handelssignale nicht zuverlässig genug

Für den Handel mit Aktien, aber auch mit anderen Wertpapieren werden häufig Bollinger Bänder herangezogen. Sie setzen sich aus einem oberen und einem unteren Band sowie dem gleitenden Durchschnitt zusammen. Bollinger ging davon aus, dass sich der Kurs eines Wertpapiers innerhalb der Bänder bewegt, und hat die Gauß'sche Normalverteilung als Grundlage für seine Überlegungen genutzt. Bricht der Kurs aus den Bändern aus, stellt das ein Handelssignal dar. Die Bollinger Bänder liefern jedoch keine zuverlässigen Aussagen für die Wahrscheinlichkeit einer Kursentwicklung. Sie sollten daher nicht als alleinige Grundlage für den Handel verwendet werden. Zusätzlich kann eine Fundamentalanalyse erfolgen, bei der weitere Faktoren wie die wirtschaftliche oder politische Situation herangezogen werden.

Christian (Habeck) hat mehr als 20 Jahre Erfahrung auf den Finanzmärkten und handelt nach wie vor aktiv an der Börse. Seine Leidenschaft hat er vor neun Jahren zum Nebenberuf gemacht.