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Diversifikation: Risiken streuen durch breite Aufstellung im Portfolio

Ruben Wunderlich
Ruben Wunderlich trader
Updated 29 Mai 2020

Einer der ersten Begriffe, auf die Anleger stoßen, wenn sie sich mit Wertpapieren beschäftigen, ist die Diversifikation. Der Begriff bezeichnet die Verteilung von Risiken bei der Anlage in Form der Streuung auf verschiedene Segmente. Diese sollten nach Möglichkeit auch nicht in direkter Abhängigkeit voneinander stehen. Die Diversifizierung entspricht dem Grundsatz, dass man auch bei der Geldanlage nicht alles auf eine Karte setzen sollte. Ist ein Teil des Portfolios, aus welchen Gründen auch immer, von einer negativen Entwicklung in Mitleidenschaft gezogen, können andere Bestandteile dazu beitragen, die Verluste auszugleichen. Und das gehört zur Diversifikation:

  • Eigenes Risikoprofil ermitteln
  • Risiken der Anlageklassen kennen
  • Höhe und Laufzeit der Anlage festlegen
  • Risiken, Liquidität und erwünschte Renditen vereinbaren

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Die Portfoliotheorie nach Markowitz als Grundlage der Diversifizierung

Anleger und Finanzmanager, die heute ein Portfolio diversifizieren oder umschichten, gehen dabei mit Methoden vor, die sich auf den Begründer der Portfoliotheorie, den Wirtschaftswissenschaftler Harry M. Markowitz, zurückführen lassen. Der spät mit dem Nobelpreis geehrte Experte formulierte seine Ideen bereits 1952.

Dabei geht es darum, Risiken und Erträge aller Bestandteile eines Portfolios in optimaler Weise aufeinander abzustimmen, so dass mit dem geringsten Risiko die höchstmögliche Rendite erzielt werden kann. Markowitz schuf mit seiner Theorie die methodische Grundlage, die in der Asset Allocation, also der Verteilung auf verschiedene Vermögenswerte bei der Geldanlage, bis heute maßgeblich ist.

Diversifizierung

Das Magische Dreieck der Geldanlage

Die zunächst unvereinbaren Aspekte bei der Geldanlage verdeutlicht das sogenannte „Magische Dreieck“ – die drei Bereiche Sicherheit, Ertrag und Liquidität, die jedes Portfolio beeinflussen. Prinzipiell gehen diese Punkte nicht zusammen, denn mit steigender Sicherheit und zunehmender Liquidität sinkt zwangsläufig die Rendite.

Wer umgekehrt bei der Sicherheit zu Zugeständnissen bereit ist, kann bei guter Liquidität mit hohen Renditen rechnen. Für Anleger bedeutet das: immer nur zwei Ecken des Dreiecks sind wirklich miteinander zu verbinden. Welche das sind, ist eine Frage der persönlichen Entscheidung. Doch egal, wo man seine Schwerpunkte setzt, eine Diversifikation für bessere Risikoverteilung ist grundsätzlich ratsam.

Mit diesen Risiken müssen Anleger rechnen

Wer verstehen will, was mit der Diversifizierung der Anlage bezweckt wird, sollte sich zunächst die Risiken vor Augen halten, denen man bei der Geldanlage früher oder später begegnet. Zu diesen gehören

  • Risiken für Einzelwerte
  • Risiken nach Anlageklasse
  • Risiken nach Branchen, Regionen oder Ländern

Risiken für Einzeltitel minimieren

Einzelne Werte unterliegen einem ausgeprägten Risiko – bei Aktien kann es sich um die Auswirkungen einer verfehlten Unternehmensstrategie handeln, bei Rohstoffen um marktbedingte Krisen. Deshalb empfehlen Finanzexperten, sich bei einer Anlage nicht auf Werte von einem Unternehmen oder Titel auf einen Rohstoff und ähnliches zu beschränken. Eine breite Streuung erlaubt die Anlage in ETFs, denn die Indexfonds bilden per se bestimmte Märkte oder Brnachen ab und schalten so das Einzelwertrisiko aus.

Das Kapital auf mehrere Anlageklassen verteilen

Risiken nach Anlageklassen betreffen beispielsweise bei einem Abschwung den gesamten Aktienmarkt. Wer seine Anlage auf verschiedene Anlageklassen verteilt und neben Aktien und Anleihen auch Rohstoffe berücksichtigt, mindert dieses Risiko deutlich.

Vorbeugen gegen regionale und Branchenkrisen

Bedingt durch die wirtschaftlichen Bedingungen können einzelne Industrien, bestimmte Regionen oder ganze Länder von Krisen betroffen sein. Auch dies lässt sich durch eine breite Streuung über Branchen und Kontinente hinweg beschränken. Wer so handelt, muss lediglich eine weltweite Wirtschaftskrise und vergleichbare Großschadenslagen fürchten.

Ein ausgewogenes Portfolio – entsprechend dem eigenen Risikoprofil und Budget

Wer sein erstes Portfolio zusammenstellt, wird schnell feststellen, dass es keine verbindliche Lösung gibt, die für alles und jeden passt. Zwar müssen Risiken, Renditen und Liquidität berücksichtigt werden, doch schon bei der Risikobereitschaft unterscheiden sich Anleger deutlich, und auch das zur Verfügung stehende Budget ist individuell verschieden.

Es stellt sich in jedem Fall die Frage: Wie hoch soll oder darf das Risiko sein? Wer diese Frage beantworten kann, muss sich in einem nächsten Schritt entscheiden, wie viel Kapital angelegt werden soll. Hier geht es unter anderem auch darum, wie lange dieser Betrag gebunden werden kann. Die Anlagedauer sollte möglichst realistisch eingeschätzt werden, denn wer gezwungen ist, wegen mangelnder Liquidität zu früh zu verkaufen, macht damit vielleicht Verluste.

Sind alle drei Punkte geklärt, können sie entsprechend der Theorie von Markowitz zueinander in Beziehung gesetzt werden. Damit erzielen Anleger eine auf die eigenen Erwartungen zugeschnittene Maximierung der Erträge bei einem Risiko, das den eigenen Neigungen entspricht.

Diversifikation am Beispiel

Ein Portfolio, eine gute Verteilung von Risiken gewährleistet und gleichzeitig attraktive Werte mit hohem Renditepotenzial enthält, sollte sich aus internationalen Aktien, Staats- und Unternehmensanleihen und einem Anteil an Rohstoffen, möglicherweise auch Devisen, zusammensetzen. Es kombiniert die bekannte Stabilität der nicht sonderlich renditestarken Anleihen mit den riskanteren, dafür aber ertragreicheren Aktien und den möglicherweise sehr gewinnbringenden Rohstoffen.

Stellen Anleger ihr Portfolio auf der Basis dieser Anlageklassen zusammen, lässt sich bei der Gewichtung immer noch eine Feinabstimmung hinsichtlich der eigenen Risikobereitschaft vornehmen. Grundsätzlich ist man jedoch für zahlreiche mögliche Entwicklungen gut aufgestellt.

Portfoliotheorie

Das eigene Risikoprofil ermitteln

Der Begriff des „Risikoprofils“ ist ein wenig irreführend, denn hier geht es nicht nur um die vordergründige Bereitschaft, etwas zu riskieren. Hinzu kommen Faktoren wie das Lebensalter – denn ein Berufsanfänger setzt andere Prioritäten und hat deutlich mehr Zeit, Fehlentscheidungen zu korrigieren oder eine Anlage komplett neu aufzusetzen. Ein Anleger, der kurz vor dem Eintritt ins Rentenalter steht, wird anders vorgehen und weniger an langfristigen Vermögensaufbau als an die Sicherung des eigenen Kapitals und das Generieren zusätzlichen Einkommens denken.

Eine Rolle spielt natürlich auch, ob das investierte Kapital, egal in welcher Höhe, entbehrt werden kann. Wer einige Tausend Euro, die mittel- und langfristig nicht benötigt werden, beiseite legen bzw. investieren kann, kann diesen Betrag nach angemessener Überlegung und Information durchaus in ein Hochrisikoportfolio stecken. Werden jedoch über Jahrzehnte zusammengetragene Ersparnisse investiert, geht man anders vor. Die Lebens- und Finanzsituation insgesamt kommen also bei diesem Punkt deutlich zum Tragen.

Risikostreuung durch Fonds

Auch nach der theoretischen Entscheidung für bestimmte Anlagestrategien ist die Umsetzung in die Praxis nicht immer einfach. Bei der individuellen Zusammenstellung des Portfolios ist die Beschäftigung mit Einzeltiteln, deren Analyse und Risikoeinschätzung unter Umständen sehr mühsam. Daher ist es nicht verwunderlich, dass viele private Anleger sich für Fonds entscheiden. Ein Fonds nimmt die eigene Auswahl vorweg, denn er gruppiert Werte anhand bestimmter Auswahlkriterien und diversifiziert von vornherein bei der Anlage.

Da es Fonds auf Aktien oder Anleihen ebenso gibt wie auf Rohstoffe oder Immobilien, können alle Überlegungen zu den jeweiligen Anlageklassen hier angewendet werden – unter dem Strich lässt sich so ein Fonds-Portfolio zusammenstellen, das den Anforderungen nach Markowitz ebenso genügt wie eine Auswahl von Einzelwerten. Mit anderen Worten, mit einem Portfolio aus Fonds investieren Anleger von vornherein mit einem größeren Maßstab.

ETFs für die Diversifikation des Portfolios nutzen

Neben aktiv gemanagten Fonds haben in den vergangenen Jahren ETFs, exchange traded funds, sehr an Beliebtheit gewonnen. Auch sie bringen die gewünschte Diversifizierung bereits mit. In Deutschland sind zur Zeit rund 1.500 ETFs handelbar, die die Kursentwicklung eines Index abbilden. Dabei sind bekannte nationale Leitindizes ebenso vertreten wie Small Caps, Tech Indizes oder grüne Anlagen. Breit aufgestellte internationale Indizes wie der MSCI World sind ebenso Grundlagen für ETFs wie bestimmte Industriezweige in Schwellenländern.

Ein ETF bildet die Kursentwicklung des Basis-Index 1:1 ab, allerdings nicht durch die Auswahl und das gelegentliche Eingreifen eines Fondsmanagers, sondern auf der Basis eines Algorithmus. Diese sogenannte „passive“ Form der Verwaltung macht ETFs sehr kostengünstig, denn ein Finanzexperte für das Management des Fonds muss nicht bezahlt werden.

Für Anleger besteht ein weiterer Vorteil von ETFs darin, dass die Investition auch schon mit geringem Budget möglich ist. Sogar Sparpläne können auf Indexfonds eingerichtet werden. Bei nicht wenigen Anleger können ETFs sämtlich oder zum Teil sogar ohne zusätzliche Kosten bespart oder als Einzelinvestition für die Anlage ausgewählt werden. Wer sich für die flexiblen Produkte entscheidet, muss sich überdies bei der Laufzeit nicht festlegen und kann sein Portfolio unter Berücksichtigung verschiedener Anlageklassen in den Basisindizes ganz individuell anpassen.

Risikostreuung

Fazit: Diversifikation im Portfolio auf allen Ebenen

Die breite Streuung des eigenen Portfolios empfiehlt sich sowohl bei der Auswahl der Anlageklassen als auch bei der gewählten Strategie. Hier gilt, dass ein von vornherein großzügig gewählter Ansatz die Diversifizierung vereinfacht. Anstatt sich für die eigenständige Zusammenstellung von einzelnen Werten zu entscheiden, können Anleger mit der Zusammenstellung von Fonds, insbesondere der kostengünstigen ETFs, auf Instrumente setzen, bei denen die Risikoverteilung schon von vornherein inbegriffen ist.

Eine derartige Streuung lohnt sich grundsätzlich und kann bei einer breiten Basis stabiler Werte durchaus eine Beimischung riskanter, dafür aber renditestarker Assets verkraften. Tatsächlich sorgt die konsequente Diversifizierung des Portfolios für den langfristigen Erfolg bei der Vermögensbildung. Sie bewährt sich sogar in Krisenzeiten, wenn eine besonders breite Streuung der Anlage Verluste bei einzelnen Assetklassen oder Branchen erfolgreich auffangen kann.

Die bestmöglichen Instrumente für derartige Diversifikation sind Fonds, sei es aktiv gemanagt, sei es in Form algorithmisch verwalteter Indexfonds. Hier ist die Auswahl von Basisindizes aus verschiedenen Anlageklassen ebenso möglich wie die Entscheidung für Mischfonds, die über die Assetklassen hinweg ihre Potenziale entfalten. Da ETFs schon mit geringem Budget verfügbar sind, bieten sie sogar Kleinanlegern eine ideale Möglichkeit, ihr Portfolio von vornherein breit genug zu streuen und die eigenen Renditeziele zu verwirklichen.

Ruben Wunderlich
Ruben Wunderlich ist Finanzjournalist und zertifizierter Technischer Analyst mit mehr als 15 Jahren Erfahrung auf den Kapitalmärkten. Auf AskTraders ist er als leitender Redakteur für die deutschsprachige Redaktion verantwortlich.